Freitag, 15. Dezember 2017

Willkommen im Alltag

Anfang September war die Sprachschule noch brechend voll und jede Woche kamen neue Schüler hinzu und andere gingen. Aber im Verlaufe der letzten Woche ist es recht ruhig geworden und bin seit 4 Wochen mit den gleichen Schülern in einer Klasse. Mittlerweile hat man sich auch daran gewöhnt, dass es so viele Asiaten gibt, die Spanisch lernen wollen. Am Anfang hat es mich schon ziemlich irritiert, dass es so viele Koreaner und Chinesen in der Schule gibt, aber eigentlich ist es gar nicht so verwunderlich, da Asiaten ja bekanntlich sehr viel Zeit und Geld in ihre Ausbildung investieren. In meiner jetzigen Klasse sind wir jedenfalls 3 Deutsche, 3 Koreaner, 2 Chinesen und eine Belgierin. Der interkulturelle Mix ist eigentlich ganz interessant, aber an den Humor der Asiaten muss man sich erst gewöhnen.

Die Klassen werden mit dem höheren Niveau immer anspruchsvoller. Die Klasse B2.1 mache ich jetzt zum zweiten Mal, weil ich einfach mehr Zeit brauche, um das alles zu lernen. Bei meinen Kursen handelt es sich um Intensivkurse, dh 20 Stunden die Woche Grammatik, Audio, Sprechen und Schreiben. Der Schwerpunkt liegt ganz klar auf der Grammatik und da jeden Tag etwas neues hinzukommt, verliert man schnell den Überblick. In Deutschland hat man eine Lektion im Buch mehrere Wochen lang behandelt und es gab Vokabellisten. Hier dagegen haben wir eine Woche Zeit für 2 Lektionen und müssen viel davon zuhause wiederholen und lernen. Auf Dauer ist das ein ganz schöner Stress und geht meiner Meinung nach auch viel zu schnell. Ich hätte lieber mehr Zeit, um die Grammatik etc zu verstehen und auch zu lernen sie anzuwenden, aber wir es kommt halt jeden Tag etwas neues hinzu.
Wenn ich zuhause mehr arbeiten würde, dann würde ich das sicherlich auch eher hinbekommen, aber bei nur 3 Stunden Freizeit am Tag fehlt mir einfach die Motivation, um nach der Schule alles zu wiederholen..

Nach gut 3 Monaten bin ich komplett im Alltag meiner Gastfamilie integriert. Ich weiß welches Kind was gerne isst, wann welche Aktivitäten sind und wie mein Tagesablauf aussieht. Mittlerweile bekomme ich auch nicht mehr täglich einen detaillierten Tagesplan der Mutter. Mit den Kindern bin ich eigentlich nur noch alleine und die Mutter kommt meistens zum Abendessen nach Hause. Besonders stressig ist mein Tag eigentlich nicht, außer wenn ich mit den Kindern mit dem Taxi zum Tennis fahren muss. Dort sitze ich dann nämlich eine Stunde in der Kälte und gucke ihnen zu. Aber zum Glück fährt die Mutter meistens mit ihnen dorthin und ich bleibe zuhause und bereite das Abendessen zu. Ein Au pair zu haben ist schon ziemlich praktisch, denn ich mache eigentlich die Aufgaben, auf die die Eltern keine Lust haben, wie z.B die Kinder zu Aktivitäten zubringen, abzuholen, zu duschen und Hausaufgaben zu machen.
Das Duschen ist der Tiefpunkt meines Arbeitstages. Bis ich die drei davon überzeugt habe sich auszuziehen, in die Badewanne zu gehen (sie wollen erst nie rein und wenn sie einmal drin sind nicht mehr raus), sich anzuziehen und die Haare geföhnt habe, vergeht eine Ewigkeit und diese Zeit fehlt mir dann z.B wenn ich das Abendessen zubereiten soll.
Das Haare föhnen ist jedes Mal eine Sache für sich. Es ist unglaublich heiß im Bad (Zentralheizung) und ich muss allen drei die Haare föhnen. Irgendeiner ist immer am meckern, aber am schlimmsten ist Carlota, der die Temperatur des Föhns grundsätzlich immer zu warm ist und die den Kopf nach unten hängen lässt, sodass ich um sie herum springen muss. Manchmal platzt mir da echt die Geduld, weil mir selber extrem warm ist und quengelnde Kinder da ein absoluter Albtraum sind. Die Kinder müssen jeden Tag duschen, alle zwei Tage mit Haare waschen und bekommen auch alle zwei Tage einen anderen Schlafanzug. Somit sind sie stets klinisch rein.

Das mit der Zentralheizung ist unglaublich nervig. Es sind stets 25 Grad und es gibt keine Möglichkeit diese blöde Heizung auszuschalten. Ich bin abends teilweise echt am Schwitzen und nachts ist es einfach unerträglich stickig in meinem Zimmer. Ich öffne zwar immer die Fenster, aber da diese zum Innenhof hinausgehen, weht kein Wind. Das Konzept des Innenhofes ist sowieso eine blöde Sache, da jedes kleinste Geräusch hallt und es dadurch mit geöffneten Fenster ziemlich laut werden kann. Außerdem stinkt es oft extrem, da die Abwasserkanäle dort verlaufen und es in Spanien generell ein Problem mit dem Geruch von den Kanälen gibt. Also muss ich mich nachts oft entscheiden, ob ich Hitze oder den stinkenden Geruch bevorzuge.

Was mich auch unglaublich sauer macht, ist wie viel Plastik hier in Spanien verwendet wird. Es gibt keinen Pfand, wodurch die ganzen Plastikflaschen nach einmaligen Gebrauch im Müll landen. Außerdem bekommt man hier für jeden Kleinigkeit im Geschäft eine Plastiktüte. Ich lehne diese grundsätzlich ab, wodurch ich eigentlich nur irritierte Blicke ernte. Auch wurde mir schon gesagt wie ökologisch ich doch denken würde und dass mehr Leute diese Denkweise haben sollten. Mein Kommentar ist dann grundsätzlich, dass man ja auch einfach keine Plastiktüten ausgeben muss, was die meisten aber nicht so lustig finden. Die Spanier sind was Umweltbewusstsein angeht ähnlich die die Amerikaner. Wir trennen unseren Müll hier mehr oder weniger, dass heißt Essensabfälle und Plastik kommen zusammen und Tetrapacks mit Dosen. Ich hatte auch schon eine ziemlich hitzige Diskussion mit einem Spanier, der seinen Müll auf den Boden geworfen hat. Der war doch tatsächlich der Meinung, dass er anderen Leuten damit einen Gefallen tun würde, denn ohne seinen Müll hätte die Stadtreinigung keine Arbeit und er würde da dadurch bei der Entstehung von Arbeitskräften mithelfen. Das Traurige ist, dass er wirklich so denkt und nicht versteht, dass man seinen Müll auch einfach in den 2 m entfernten Abfalleimer werfen könnte.

In Valencia gibt es eigentlich alle paar Wochen größere Demonstrationen. Die letzte war gegen Frauengewalt und es waren unzählige Menschen mit Trommeln und Plakaten auf der Straße. Ich bin sogar einen Teil mitgegangen, weil es einfacher war mit der Masse zu gehen, statt es auf dem Bürgersteig zu versuchen. Mir gefallen diese Demos sehr, weil sie immer friedlich ablaufen und gut organisiert sind. 
Insgesamt ist die Organisation bei Veranstaltungen in Valencia sehr gut. Auf dem Plaza del Ayuntamiento ist eigentlich jede Woche irgendwas, ob Live Konzerte, Puppenspiele, Verkaufsstände oder Karuselle, es ist immer was los. Jedenfalls sperrt die Polizei alles ab, sodass Autos unmöglich in die Nähe des Platzes kommen können. Auch befinden sich in der Stadt täglich bewaffnete Polizisten, die ganz locker ein Gewehr rumlaufen. Ich weiß teilweise nicht, ob ich mich dadurch sicherer oder bedroht fühle, aber nach der Sache in Barcelona kann ich diese Sicherheitsvorkehrungen auch verstehen.





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